Symposium

„Der die Bahn eröffnet […], dem bleibt höchster Ruhm.“ Mit diesen Worten würdigte König Ludwig I. von Bayern die Innovationsleistung von Johann Joachim Winckelmann, dem spiritus rector des Klassizismus. Winckelmanns Antikenbild revolutionierte das Geschichts- und Kunstverständnis des 18. Jahrhunderts und veränderte damit die europäische Geistes- und Kunstlandschaft nachhaltig.

Die interdisziplinäre Tagung in Regensburg beschäftigt sich mit dem bisher wenig erschlossenen Einfluss Winckelmanns in Bayern. Anlass ist die diesjährige Koinzidenz des 250. Todesjahres von Winckelmann (1717–1768) und des 150. Todesjahres von Ludwig I. (1786–1868). Die Vorträge untersuchen die Bedeutung Winckelmanns für die bayerische Kulturgeschichte aus landes-, kunst- und architekturhistorischer sowie archäologischer, literaturwissenschaftlicher und philosophischer Perspektive.

Regensburg erwies sich als schicksalsträchtiger Scheideweg im Leben Winckelmanns: Im Mai 1768 brach er seine Deutschlandtour in der Stadt des immerwährenden Reichstages ab, um nach Rom zurückzureisen. Am 8. Juni 1768 wurde er in Triest ausgeraubt und ermordet.

Winckelmanns klassizistische Ästhetik und seine Maxime der edlen Einfalt und stillen Größebeeinflusste die monarchische Kunstpolitik Ludwigs I. grundlegend. Damit setzte der König die Wertschätzung für die „edle Simplicität“ fort, die bereits unter Kurfürst Max III. Joseph zur Devise für Bautätigkeit erhoben wurde. Ludwig gab schon als Kronprinz eine Marmorbüste von Winckelmann für ein Pantheon „rühmlich ausgezeichneter Teutscher“ in Auftrag. Winckelmanns Bildnis fand Eingang in die Porträtgalerie der Walhalla in Donaustauf, die Ludwigs bevorzugter Architekt Leo von Klenze 1831–1842 ausführte. Die Sammlungs- und Bautätigkeit Ludwigs I. in der bayerischen Haupt- und Residenzstadt München war – die Glyptothek zeigt dies exemplarisch – von Winckelmanns wirkmächtiger Verabsolutierung der griechischen Antike als Ideal Bildender Kunst und Architektur geprägt.

Die Tagung zeigt, auf welche Weise sich die international einflussreiche Ästhetik Winckelmanns in Bayern entfaltet hat.

Text: Susanne Biber und Edith Heindl